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Schiffweiler. Es ist, als ob man eine eigene Welt betritt, so anders wirkt die Atmosphäre in der ersten Etage des Evangelischen Gemeindehauses Schiffweiler, in dem das Café Segen seinen Platz gefunden hat. Im deutlichen Kontrast zur kühlen Außentemperatur und dem grau bewölkten Novemberwetter ist es hier angenehm und hell erleuchtet. Überhaupt strahlen die Räumlichkeiten vor allem Behaglichkeit aus. Warme, freundliche Farben dominieren die Wände und die Einrichtung. Gemütliche Sessel und ansprechende Holzmöbel machen das Café Segen zu einem Ort, an dem man sich gerne aufhält.
Der Kaffeetisch ist heute schon gedeckt. Bald werden die Gäste kommen. Zunächst aber sitzen sechs Damen am Tisch, das Betreuungsteam des heutigen Tages. Das Jubiläum des Demenzcafés in Trägerschaft der Evangelischen Kirchengemeinde Landsweiler-Schiffweiler, die heute zur Hoffnungskirchengemeinde gehört, steht an. Anlass genug, um zu den Anfängen des Cafés zurückzublicken.
Ziel: Entlastung für pflegende Angehörige
Die Überlegungen für das Café Segen begannen in der zweiten Hälfte der 2000er-Jahre, erinnert sich Initiatorin Ingrid Rixecker, damals wie heute Presbyterin der Kirchengemeinde. Als Mitarbeiterin einer Sozialstation habe sie am Telefon die Sorgen und Nöte der pflegenden Angehörigen von Demenzbetroffenen direkt mitbekommen. „Die wussten nicht, wo sie mit den Leuten hinsollten.“ Dann nämlich, wenn sie dringende Termine hätten – oder auch einfach mal eine Pause brauchten.
Rixecker informierte sich über verschiedene Angebote im Bereich der ehrenamtlichen Demenzbetreuung, ließ sich beraten – die Idee eines Demenzcafés war geboren. Bis das Projekt an den Start gehen konnte, bedurfte es aber noch eines mehrmonatigen Vorlaufs: Anträge an die Kirchengemeinde und an den Landkreis Neunkirchen mussten gestellt, eine Zulassung beantragt werden. Es bedurfte Überzeugungsarbeit an verschiedenen Stellen, denn Demenzcafés waren damals noch wenig bekannt. Vor allem aber ging es darum, Menschen zu finden, die die Betreuung übernehmen konnten.
Umfassende Qualifikation der Ehrenamtlichen – Individuelle Betreuung
„Über die Förderung des Landkreises konnte zur Leitung des Cafés eine Fachkraft in Teilzeit eingestellt werden“, erklärt Rixecker. Mit Petra Nix, ausgebildeter Altenpflegerin und Fachkraft für Gerontopsychologie, wurde eine hauptamtliche Leiterin gewonnen, die das Café von Beginn an mit Sachverstand und viel Herz organisierte.
Gemeinsam suchten sie ehrenamtliche Mitstreitende, die eine 40-stündige Ausbildung zur Demenzbetreuung absolvierten – mit Erfolg. Im Sommer 2010 schlossen 14 Personen den ersten Kurs erfolgreich ab. Am 18. November desselben Jahres konnte das Café Segen eröffnet werden. Für jeweils drei Stunden werden dort neun bis zwölf Gäste betreut.
Das Team kommt immer bereits früher und deckt den Kaffeetisch, denn mit dem gemeinsamen Kaffeetrinken mit selbstgebackenen Kuchen beginnt jeder Nachmittag. „Wir nutzen das Kaffeetrinken, um uns die Gäste genau anzusehen“, erklärt Petra Nix den fachlichen Hintergrund des gemütlichen Beisammenseins. So würden sie gleich schon feststellen, wie die Tagesform der Gäste sei und „was wir ihnen noch Gutes tun können“. Das können Gedächtnis- und Brettspiele oder Bewegungsangebote sein, aber auch einfach im Sessel entspannen ist möglich. „Wir legen viel Wert auf diese individuelle Gestaltung, die sich nach den Gästen richtet“, betont Nix. Das Team stelle situationsbedingt auch den Plan um.
Auch beginnend an Demenz Erkrankte sind zu Gast
Nicht nur Demenzkranke, die im familiären Umfeld leben und rund um die Uhr betreut werden müssen, sind die Zielgruppe. Auch allein lebende Menschen mit beginnender Demenz besuchen das Café, um der Einsamkeit zu entfliehen und das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen. Wie wesentlich gerade diese Vorsorge sei, habe man in der Corona-Pandemie erlebt, berichtet Nix, als diese Menschen im Lockdown alleine bleiben mussten.
Überhaupt habe die Pandemie vieles verändert. Nachdem es in den 2010er-Jahren einige Angebote für Demenzbetroffene geschaffen worden sind, wurden viele während oder kurz nach der Pandemie wieder eingestellt. „Heute sind wir eines von nur noch drei Demenzcafés im Landkreis Neunkirchen“, bedauert Rixecker. Die Nachfrage ist unvermindert hoch, es gäbe Anfragen aus dem ganzen Landkreis und Wartelisten, da die Anzahl an Plätzen begrenzt bleiben muss.
Stetiger Ausbau des Angebots – Unterstützung willkommen
Über die Jahre wuchs auch das Angebot des Café Segens. 2015 wurde ein zweiter Betreuungstag in der Woche eingerichtet. Zu besonderen Anlässen wird richtig gefeiert, zuletzt zum Oktoberfest, bald wieder an Fastnacht, mit Musik und Tanz. Einmal im Jahr geht es auf Tagesfahrt zu einer Sehenswürdigkeit in der Region. Auch einen monatlichen Stammtisch für Angehörige gibt es mittlerweile, einen Hol- und Bringdienst, Beratung von Angehörigen und sogar Hausbesuche.
All das finanziert sich im Wesentlichen über Zuschüsse des Landkreises, Spenden und Teilnahmebeträge zur Deckung der Unkosten. Die Kirchengemeinde stellt die Räumlichkeiten und hält ein Budget als Ausfallfinanzierung vor. Bis zu 2.000 Euro investiert die Kirche so jährlich in die Fortführung des Cafés. 2014 hat die Kirchengemeinde zudem die Etage umfassend renoviert und erweitert.
Trotzdem wäre ohne Spenden vieles nicht möglich. „Die gesamte Einrichtung, alle Möbel und das Geschirr sind Spenden“, sagt Rixecker. Auch der Fahrdienst konnte im Jahr 2018 nur eingerichtet werden, weil das Café über den Sparverein einen Spendenbus erhalten hätte. Getragen wird das Café insbesondere vom Engagement des ehrenamtlichen Teams, das derzeit aus zwölf Damen mittleren Alters besteht. Zwei der Betreuerinnen, Ingrid Rixecker und Dorothee Schneider, sind sogar von Beginn an mit dabei. Neue Betreuungskräfte, die mitarbeiten und sich qualifizieren möchten, sind immer willkommen.
Es klingelt an der Tür, der erste Gast des Nachmittags wird gebracht. Voller Wärme und Zuwendung wird er empfangen. Natürlich bei Kaffee und Kuchen.
Info:
Das Café Segen feiert sein 15-jähriges Jubiläum am Freitag, 21. November, um 15 Uhr in den Räumlichkeiten im Evangelischen Gemeindezentrum Schiffweiler, Parkstraße 44.
Spenden an das Café sind jederzeit möglich und willkommen: IBAN: DE71 5909 2000 3028 9801 58 bei der Vereinigten Volksbank eG, Verwendungszweck: Café Segen. Sachspenden (Geschirr, Möbel, Spiele) können nur nach voriger Rücksprache abgegeben werden (Tel. 0151-17510965). Wer Interesse an einer Ausbildung zur ehrenamtlichen Demenzbetreuung hat und im Café mitarbeiten möchte, kann sich an Leiterin Petra Nix wenden: Mail: cafe-segen@gmx.de.